Technische und wirtschaftliche Optimierung der Biogasanlage Bahra
Entwicklung und Analyse zur bedarfsgerechten Stromerzeugung
Zusätzlich zu der Erzeugung von grüner Energie in Form von Biogas, Wärme und Strom entwickeln wir innovative Produkte entlang unserer Wertschöpfungskette. Marvin Lichtner studiert Energiewirtschaft an der dualen Hochschule Mannheim. In seiner Praxisphase bei uns, hat er sich mit der Entwicklung der Biogasanlage in Bahra auseinandergesetzt. In seiner Praxisarbeit mit dem Titel: „Technische und wirtschaftliche Optimierung der Biogasanlage Bahra – Entwicklung von Konzepten zur bedarfsgerechten Stromerzeugung“ diskutiert er die Optionen für den zukünftigen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage. Die Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier:
In einem natürlichen Zersetzungsprozess organischer Materialien produzieren Mikroorganismen unter anaeroben Bedingungen Biogas, einen erneuerbaren Energieträger, der zur Erzeugung von Strom, Wärme oder Treibstoff genutzt werden kann. Mit der Einführung des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) im Jahr 2000 wurde der Bau von Biogasanlagen durch die 20-jährige Festvergütung planbar und attraktiv. Bis ins Jahr 2014 stieg die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland von 1.050 auf 9.000. Aufgrund der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Förderungen wurde auf dem überwiegenden Teil der Anlagen das Biogas direkt vor Ort verstromt. Diese Anlagen waren bzw. sind für eine kontinuierliche Einspeisung konzipiert. Der Gesetzgeber gab erstmals im EEG 2012 Anreize für die Bereitstellung zusätzlich installierter elektrischer Leistung zur bedarfsorientierten Stromerzeugung. Nach einer Neustrukturierung und Vergütungsabsenkungen in den EEG 2012 und 2014 beschränkte sich der Leistungszubau im Biogasbereich überwiegend auf Anlagenerweiterungen, Umstellung auf den flexiblen Anlagenbetrieb, sowie einen geringen Zubau im Bereich der Güllekleinanlagen und Anlagen im Abfallbereich.
Die BALANCE Erneuerbare Energien GmbH (BEE) betreibt insgesamt 39 Biogasanlagen in Nord- und Ostdeutschland und ist damit einer der größten Betreiber von Biogasanlagen in Deutschland. Die Biogasanlage Bahra produziert ca. 4 Mio. Kilowattstunden erneuerbaren Strom pro Jahr aus regionalen nachwachsenden Rohstoffen und anfallendem Wirtschaftsdünger. Damit erzeugt die Anlage genügend Strom für ca. 800 3-Personen-Haushalte. Dies ist ausreichend für die vollständige Versorgung der anliegenden Ortschaft Bahra mit elektrischem Strom. Die Anlage wurde 2020 in das Portfolio der BEE aufgenommen. Durch die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Anlagenstandort kann die Eigenstromversorgung gedeckt und die Erzeugungsleistung der Biogasanlage voll ausgeschöpft werden.
Da die bestehende Förderung des erzeugten Stroms nach dem EEG in wenigen Jahren ausläuft, sucht die BEE nach geeigneten Lösungen um die Anlage zukünftig nach den Prämissen des geltenden EEG oder ohne Förderung wirtschaftlich weiterbetreiben zu können. Dafür werden aktuell verschiedene Vermarktungsmöglichkeiten für das Biogas diskutiert. Eine Möglichkeit, die Anlage auf den flexiblen Anlagenbetrieb vorzubereiten, ist die sogenannte Flexibilisierung der Stromerzeugungskapazität.
Die produzierte Strommenge aus Photovoltaik und Wind ist stark abhängig nach Wetterlage, Tages- und Jahreszeit. Dadurch kann es am Strommarkt zu einem Über- bzw. Unterangebot kommen. Dieser Effekt verstärkt sich durch den zunehmenden Ausbau erneuerbarer Energieträger und dementsprechend gibt es Zeiten, zu denen mehr Strom produziert wird als benötigt und umgekehrt. Zeitgleich läuft der Ausstiegsprozess aus den bisher typischen Grundlastkraftwerken Kernkraft und Braunkohle. Biogasanlagen produzieren speicherbares Biogas. Mithilfe von flexiblen Blockheizkraftwerken (BHKW) und ausreichender Speicherkapazität kann dieses Biogas nach Bedarf in Strom und Wärme umgewandelt werden. Herrscht am Markt ein hoher Bedarf und damit ein erhöhter Preis für die Energie, können Biogasanlagen gezielt Strom einspeisen und höhere Stromerlöse erzielen. In Zeiten von geringem Bedarf besteht die Möglichkeit die Leistung der BHKW zu reduzieren und das Biogas zu speichern. Durch die hohe Verfügbarkeit und Planbarkeit der Stromerzeugungskapazität ergänzen Biogasanlagen das erneuerbare Energiesystem. Damit sind sie ein wichtiger Baustein der Energiewende.
Der Gesetzgeber bot erstmals im EEG 2012 eine Prämie für Biogasanlagen, die zusätzliche elektrische Leistung für eine bedarfsorientierte Stromerzeugung vorhalten. Dies kann beispielsweise durch Zubau eines oder mehrerer BHKW oder den Austausch eines Alt-BHKW durch ein größeres BHKW geschehen. Eine weitere Voraussetzung ist eine entsprechend ausreichende Gasspeicherkapazität. Mit der Flexibilitätsprämie wird ein Paradigmenwechsel eingeleitet, von der Maximierung der Volllaststunden bei Grundlastfahrweise hin zu einer flexiblen Fahrweise zur Systemintegration fluktuierender erneuerbarer Energien.
Auf der Biogasanlage Bahra könnte eine elektrische Leistung von 2.375 kW installiert werden, um bedarfsgerecht Strom zu erzeugen. Ein weiteres Projekt der BEE am Anlagenstandort ist die Versorgung der umliegenden Bevölkerung mit der Wärme, die bei der Stromproduktion entsteht. Mit der Abwärme der Anlage könnten zusätzlich bis zu 30 Einfamilienhäuser versorgt werden. Hier werden aktuell erste Gespräche zur Planung eines Fernwärmenetzes geführt.